Aus der Szene in die Pampa


Szene Berlin oder Landleben in Sachsen?

Über Sachsen hört man derzeit nur Schlechtes und die Sachsen selbst scheinen eher zu verstehen, wenn jemand ihr Land verlassen möchte, als dass er oder sie sich freiwillig dort niederlässt. Nazis, Arbeitslosigkeit und fehlende Infrastruktur sind tägliche Schreckgespenster und im Westen ist sowieso alles besser…

Einige meiner Berliner Freunde halten mich ja für völlig bekloppt, andere sind völlig begeistert. Die meisten kreativen Menschen haben sich ja Gottseidank die Begeisterungsfähigkeit von Kindern erhalten, die dort noch Schönheit und Inspiration entdecken, wo andere nur den Mangel sehen. Ich selbst bin ebenfalls völlig hin- und her gerissen…

Bin ich in der Lage, alleine in einem Haus in einem kleinen Dorf in der Oberlausitz zu überleben ohne mir Hospitalismus einzufangen? Können mich ein Bach mit Enten und ein Garten mit Eichhörnchen und Igel vor der Tür für unzählige Cafés und Kulturangebote entschädigen? Werden die Dorfbewohner, die ich dort seit meiner titelKindheit kenne, mich auch noch gerne sehen, wenn ich nicht nur einen kurzen Urlaub dort verbringe?

Wie lebt man überhaupt, wenn man grundsätzlich für jede Besorgung mit dem Auto fahren muss und die Bürgersteige schon am frühen Nachmittag hochgeklappt werden?
Schaffe ich es – entgegen all der Wirtschaftsprognosen – auch bei eng geschnalltem Gürtel dort mein Geld zu verdienen? Fragen über Fragen.

Kopf oder Bauch

Dagegen steht nur ein Bauchgefühl. Das Bauchgefühl, das mir sagt, dass genau das, was mir Angst macht – Luna allein im Haus – auch wunderbar sein kann. Dass es ungemein motivierend und befriedigend sein kann, dieses alte Haus nach und nach nicht nur für mich, sondern auch für meine Künstlerfreunde und vor allem für meine alte Mutsch her- und einzurichten. Dass ich dort (fast) alles, womit ich in Berlin mein Geld verdient habe, ebenfalls und vielleicht sogar noch erfolgreicher tun kann. Dass man da, wo scheinbar noch nichts ist, die größten Gestaltungsmöglichkeiten vorfindet und Dinge entdecken kann, die noch niemandem groß aufgefallen sind.

Keine meiner Bauchentscheidungen, die ich bisher in der Vergangenheit getroffen habe, habe ich bereut, auch, wenn sie noch so unvernünftig zu sein schienen. Ich vertraue einfach darauf, dass es auch diesmal so sein wird. Mein Leben wurde lang genug von der Vernunft bestimmt und ich kann nicht behaupten, dass mich das immer glücklich gemacht hätte.

Ein Koffer bleibt sowieso in Berlin bei meinen Kindern – für alle Fälle. Und weil ich eine Brücke, meine persönliche Brücke, zwischen meinen Welten schlagen möchte.