Gehen oder bleiben? Stadt oder Land?


Balkon

Balkon

Das fragen sich – auch wenn es für einige völlig irrwitzig zu sein scheint – tatsächlich auch die einen oder anderen Großstädter, zumindest mal von Zeit zu Zeit, potentielle Raumpionierinnen und Raumpioniere oder eben natürlich auch: tRaumpilotinnen.

Während sich viele, die immer in der Oberlausitz gelebt haben, überhaupt nicht vorstellen können, was irgend jemanden – vor allem Großstädter – ausgerechnet hierhin ziehen könnte, träumen nicht wenige dieser Städter gerade von den Möglichkeiten, die man dort findet, wo nicht viel oder gar nichts ist, wo man noch etwas entwickeln kann, wo man noch Raum zum selbstbestimmten Leben und Wirtschaften findet – gemeinsam mit anderen.

Irgendwann ist man es satt – die Menschenmassen, Verkehrschaos, Lärm, Hektik und hohe Mieten. Irgendwann hat man alles gesehen – die Drag Queens, die Wilmersdorfer Witwen, die Punks, die alternativen und die hippen Orte, die Subkultur und Glitzerclubs. Irgendwann reicht es mit Parties, Clubs, Kinos etc.

Und irgendwann stellt man fest, dass gerade dort, wo viele Menschen leben, Beziehungen oft nur flüchtig und oberflächlich bleiben.

Raumpioniere in der Stadt

Berlin zeichnete sich früher dadurch aus, dass es eigentlich ein buntes Mosaik vieler kleiner Commmunities war, die sich zu einer Großstadt zusammenfügten, mit ausreichend Freiflächen, um zu gestalten, zu wirtschaften, zu experimentieren, Gemeinschaft zu leben: viele kleine Dörfer in der Stadt.

Nicht wenige Raumpioniere in Berlin, die ich kenne, begannen mit ihren Aktivitäten, als sie Eltern wurden. Und aus nicht wenigen dieser Initiativen haben sich dann Konzepte ergeben, die wirtschaftlich und politisch Beachtung fanden.

Das hat die Stadt für viele so lebenswert gemacht – die Verbindung der Vorteile einer Großstadt mit den freiheitlichen Möglichkeiten des Landlebens. Und die Raumpioniere wiederum haben Berlin letztendlich zu dem gemacht, was es heute ist.

Die Communities sind zum Teil noch vorhanden, die Freiräume jedoch mittlerweile fast vollständig geschwunden. Und einige derer, die die Lust daran, (Zusammen-) Leben zu gestalten, noch nicht verloren oder neu für sich entdeckt haben, orientieren sich jetzt woanders hin – dahin, wo es noch Freiräume gibt, in den ländlichen Raum.

Der Reiz des Reizlosen

Viele Städter haben tatsächlich eine unstillbare Sehnsucht nach Natur, die sich jemand, der immer von Natur umgeben war, kaum vorstellen kann. Warum wohl gibt es Projekte wie „Urban Gardening“ oder Imkereien in der Stadt, bei denen sich die unterschiedlichsten Menschen zusammenfinden?

Und gerade das Unfertige und Unperfekte, das Spontane und Unreglementierte, die Überraschungen, das Ausprobieren-können, das fehlende Planquadrat und vor allem die damit verbundenen Gemeinschaften dürften dabei bei vielen davon einen besonderen Reiz ausüben.

Bei mir begann die Sehnsucht nach dem Land, als ich meine Kinder bekam. Kinder stellen Deine Welt komplett auf den Kopf. Plötzlich verschieben sich Prioritäten, Werte, Interessen. Für kleine Kinder ist ein Leben in der Großstadt Gift. Auch ein Kinderbauernhof mitten in der Stadt, die neuesten Kinofilme, Ballettkurse oder Indoor-Spielplätze können nicht ersetzen, welche Möglichkeiten, die Welt zu erforschen, zu erleben oder zu erklettern, Kinder in der Natur vorfinden.

Natur bietet zwar Anreize, aber entzieht Dich gleichzeitig der künstlichen Dauerberieselung und permanenten Reizüberflutung, die eine Großstadt unweigerlich mit sich bringt. Und sie bietet Dir die Möglichkeit, von einem passiven Konsumenten zu einem selbstbestimmten Akteur zu werden.

Ich bin mir sicher, dass Diagnosen wie kindliche Depression oder Hyperaktivität sich nicht selten in Luft auflösen würden, hätten diese Kinder die Möglichkeit, mehr Ruhe, Bewegung, Eigenbestimmung und gleichzeitig weniger Reglementierung und Reizüberflutung zu erleben.

Kinder als Impulsgeber

Mit Kindern rückt der Mensch wieder in den Mittelpunkt, Natur, Gemeinschaft, ein friedliches Miteinander in einer gesunden sozialen Welt. Du möchtest diesem kleinen zerbrechlichen Wesen ein Paradies schaffen, in dem es sich wohl fühlt und Dir gleich mit.

Scheinbare Kleinigkeiten und Nichtigkeiten treten plötzlich scharf hervor, denn Deine Haut wird deutlich dünner und du siehst die Welt jetzt selbst wieder mit Kinderaugen.

Für viele Eltern ist das, glaube ich, der Moment, in dem auch sie wieder eine Lust daran entdecken, zu erforschen, zu experimentieren und den Drang verspüren, ihre Umwelt neu zu gestalten. Wenn nicht – nun, dann haben sie eine Chance vertan, noch einmal die gleichen Dinge wie Kinder zu erleben, nur eben mit den Möglichkeiten eines Erwachsenen.

Ich weiß noch, wie viel Spaß ich hatte, als ich endlich wieder schaukeln konnte, im Sandkasten buddeln, zu basteln, herumzuklettern – alles das, was Kinder gerne machen und was man als Eltern dann auch mitmachen muss oder eben auch darf, ohne sich peinlich zu fühlen.

Kinder wecken den natürlichen Menschen in Dir

Für Menschen ohne Kinder bedeuten Frühling, Sommer, Herbst, Winter nur Wetter – Wetter für Freizeitaktivitäten, um Leute zu treffen, eine Sportart auszuüben oder, um das Outfit auszuwählen. Und der Tag unterteilt sich in Arbeit-Freizeit-Schlafen, wobei die zeitlichen Abschnitte jeweils individuell verschieden sind.

Dein erstes Kind jedoch wird Dir einen völlig anderen Tagesrhythmus beibringen: Schlaf wird plötzlich zu einem Luxusgut und ein gleichmäßiger wiederkehrender Takt mit regelmäßiger Nahrungsaufnahme, Ruhe und Aktivitätszeiten werden eine zwingende Notwendigkeit in Deinem Leben, wenn Du in Frieden leben möchtest.

Plötzlich findest Du es auch gar nicht mehr lustig, (gezwungenermaßen) die Nacht zum Tag zu machen und erinnerst Dich an die Worte Deiner Großmutter: „Der beste Schlaf ist der Schlaf vor Mitternacht.“

Und spätestens der erste Schnee, die ersten Blüten, das erste Laub, die erste Kastaniensammlung, die Dein Kind erlebt, erinnern Dich daran: Jahreszeiten bedeuten nicht nur Bikini- oder Pulloverwetter….

Zurück zur Natur

Die ersten Worte meines Sohnes waren nicht Mama und Papa, sondern Baum, Stein und Auto. Seine Kindergärtnerinnen beschwerten sich regelmäßig bei mir, weil er bei gemeinsamen Ausflügen immer den Zeitplan durcheinander brachte. Weil er Stöcke, Steine, Blumen und Tiere liebte, blieb er unterwegs immer stehen, um sich etwas anzusehen und, wenn es ihm gefiel und es tragbar war, einzustecken und mitzunehmen.

Unser Balkon war voll mit seiner Stock- und Steinsammlung und von Frühjahr bis Herbst eine grüne Oase in der Stadt. Vorher hatte ich mich nie für das Gärtnern interessiert, jetzt sah ich die Welt neu mit seinen Augen.

Diese Begeisterung über neue Blüten, die sich öffneten und über Schmetterlinge und Bienen, die sie besuchten. Und als dann noch mein Töchterchen hinzukam, potenzierte sich diese Begeisterung noch, als sie ihre Back- und Kochleidenschaft im Kindergartenalter entdeckte.

Wir waren uns sicher, keine gekaufte Bohne könnte delikater schmecken, als unsere Handvoll selbst gezogenen Bohnen und keine Tomate könnte köstlicher duften, als unsere eigenen.

Der Traum vom Raum

Meine Tochter sagte irgendwann zu mir, die schönsten Zeiten in ihrem Leben wären immer die gewesen, wenn wir unsere Urlaube mit Oma und Opa in unserem Oberlausitzer Dorf verbracht haben.

Da wo der Bach neben dem Haus plätscherte, wir durch den Wald stromern konnten, Rehe und Forellen in freier Wildbahn sahen und wir von Leuten herzlich gegrüßt wurden, die schon die Generationen vor uns kannten.

Da, wo man einfach in die Ferne starren konnte und es nie langweilig wurde, obwohl eigentlich nichts Besonderes passierte.

Wie oft habe ich, seit meine Kinder klein waren, davon geträumt, mit ihnen der Großstadt den Rücken zu kehren.

Nur leider habe ich nie eine Möglichkeit gesehen, wie ich das realisieren könnte. Hätte mir irgend jemand die Hand gereicht, eine Brücke gebaut, in irgendeiner Art Hilfestellung gegeben – ich wäre sofort weg gewesen.

Raumpioniere in der Oberlausitz

Dieser Zug ist heute abgefahren. Meine Kleinen sind jetzt in dem Alter, in dem man die Möglichkeiten in der Stadt deutlich reizvoller findet, als die Möglichkeiten auf dem Land, was ich durchaus verstehen kann. Aber das hindert mich selbst ja nicht daran, Neues zu entdecken und auszuprobieren. Muss icke halt mal alleine sehen, was das Leben auf dem Land für mich so bereit halten kann, nicht wahr?

Aber alles hat ja immer so seine Vor- und Nachteile. Wenn man nicht immer in trauter Familienrunde am heimischen Herd hocken kann, sind der Antrieb und auch die Freiheit, auf Entdeckungstour zu gehen, nun mal deutlich ausgeprägter.

So, wie ich mich als 20something aufgemacht habe, alleine die Großstadt Berlin zu erkunden, erkunde ich halt jetzt das andere Extrem.

Und was liegt da näher, als die Gelegenheit zu nutzen Menschen kennen zu lernen, die ihren Traum von einem anderen Leben auf dem Land realisieren?

Ich nehme Dich dabei mit, indem ich Dir davon erzählen werde. Vielleicht hilft das ja auch Dir dabei, früher als ich, einen Absprung ins Ungewisse zu wagen? Also folge mir einfach und lerne sie mit mir kennen, die Raumpioniere auf dem Land.

Die ersten, die wir treffen werden, sind Josefine, Steffen und Sebastian, die auf einem Hof „Gemeinsam am Rotstein“ leben. Also bleib dran und lass Dich überraschen!

Deine tRaumpilotin

PS: Gestern erfuhr ich von Nachbarn, dass auch hier bei mir in der Nähe kürzlich ein Wolf gesichtet wurden. Noch so ein spannendes Thema. Füchse habe ich in Berlin ja schon oft gesehen, aber Wölfe…

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Über tRaumpilotin Luna

2015 habe ich den tRaumpilotin-Blog gegründet, als ich in die Oberlausitz gezogen bin, um dort zu leben und zu arbeiten. Seitdem ist viel passiert, aber ich finde nach wie vor das Glück. Mehr über mich findest Du hier: https://traumpilotin.de/business-traumpilotin/

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