Ein lautes „Nein“ zu Faschismus


Bisher habe ich mich immer sehr zurückgehalten und mich in der Regel hier nicht politisch geäußert. Nun aber kann ich die Füße nicht mehr stillhalten, denn seit Dezember erreichen mich in meinem beschaulichen Oberlausitzer Dorf ständig solche Meldungen:

Neonazi-Festival „Schild und Schwert“: Neonazis stürmen die Provinz

Neonazi-Festival „Schild und Schwert“: Neonazis stürmen die Provinz

Neonazis planen nach Themar erneut ein Musikfestival, um die Szene zusammenzubringen und zu vernetzen – diesmal in Ostritz. Die NPD-Politiker Thorsten Heise und Udo Voigt sind als Redner angekündigt. Source: www.fr.de/politik/rechtsextremismus/neonazi-festival-schild-und-schwert-neonazis-stuermen-die-provinz-a-1421607

Und das gefällt mir nicht. Das gefällt mir überhaupt nicht.

Unabhängig von mir und meiner persönlichen Einstellung zu Nazi-Festivals empfinde ich es als absolute Zumutung für die knapp 3.000 Ostritzer Bürger. Denn diese müssen befürchten, Ähnliches zu erleben wie schon die ebenfalls knapp 3.000 Einwohner Themars im vergangenen Jahr.

Wir waren bei der größten Neonazi-Veranstaltung Deutschlands

Wir waren bei der größten Neonazi-Veranstaltung Deutschlands

„Ich schlage euch tot!“ – Was passiert, wenn 6.000 Rechtsextreme in eine thüringische Kleinstadt einmarschieren. Source: www.vice.com/de/article/padxv7/wir-waren-bei-der-grossten-neonazi-veranstaltung-deutschlands

Aber das ist ja auch der Grund, warum gezielt solche Orte ausgewählt werden, nicht wahr?

Die NPD rechnet hier hier mit wenig Widerstand und nutzt das fehlende öffentliche Interesse für den ländlichen Raum und die Abwesenheit von Strukturen für sich und ihre Zwecke. Eins muss man ihnen lassen: doof sind diese Leute nicht.

Wehret den Anfängen

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber mir machen diese Nachrichten und solche Bilder Angst. Und sie machen mich wütend.

Ich ärgere mich, weil sich anscheinend Menschen aus ganz Europa zu Hunderten oder sogar Tausenden unter dem Schlachtruf Reconquista Europa problemlos an Hitlers Geburtstag „versammeln“ dürfen. Quasi bei mir um die Ecke. Menschen, die ganz offensichtlich intolerant, menschenverachtend und gewaltbereit sind.

Und ich ärgere mich zusätzlich, weil diese Leute auch noch die Kosten, die normalerweise von Festival-Veranstaltern aus eigener Tasche bezahlt werden müssen, auf Vater Staat abwälzen. Weil sie ja „nur“ von ihrem „Versammlungsrecht“ Gebrauch machen. Wer schon einmal selbst ein Fest oder Festival geplant hat, weiß in etwa, von welchen Kosten ich rede.

„Lange Nase, Ätschibätschi, Ihr seid doch alle ganz schön blöd! 😛 „

Das höre ich dabei in meinen Ohren und sehe ein feistes Grinsen dazu. Im übertragenen Sinne natürlich.

Und irgendwie haben sie ja vielleicht auch Recht, sich über uns lustig zu machen. Wir alle bezahlen mit unseren Steuergeldern dafür, dass sich Rechtsradikale aus ganz Europa (für nur schlappe 45 Euro Eintritt) bei rechter Musik, Nazi-Tätowierungen und Kampfsportübungen gemeinsam feucht-fröhlich amüsieren und die Rückeroberung Europas planen. Wir bezahlen die Polizei, Straßensperrungen, Krankenwagen etc etc.

Die Thüringer Veranstalter sollen im vergangenen Jahr in Themar übrigens mehr als 200.000 Euro eingenommen haben. Für einen „guten“ politischen Zweck natürlich. Das dürfte dann in Ostritz ähnlich sein. Und wie wir aus Thüringen wissen, wird es höchstwahrscheinlich auch nicht bei diesem einen Event bleiben.

Nett hier – wir bleiben!

Einmal da, wird sich das braune „Volk“ gemütlich niederlassen und weitere Veranstaltungen folgen lassen. In Thüringen soll mittlerweile durchschnittlich einmal pro Woche eine Rechtsrock-Veranstaltung stattfinden. Viel Spaß.

Solltest Du mehr dazu wissen wollen: der Thüringer Verein MOBIT e.V. informiert nicht nur über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, sondern auch über die speziellen unternehmerischen Aktivitäten von NPD-Mitgliedern wie zum Beispiel dem Veranstalter Torsten Heise.

Das Schema scheint bei den Festivals immer das Gleiche zu sein. (Ich frage mich, ob das ein Franchise-System ist?) Ein kleiner Ort, von dem man nur wenig Gegenwehr erwartet, ein rechter Gastronom/Hotelier, der zusätzlich in seinem Online-Shop Nazi-Bedarf vertickt und – warum auch immer – ein Kloster vor Ort. Zu Themar gehört das Kloster Veßra, zu Ostritz das Kloster St. Marienthal.

Übrigens findet am 21.4. zeitgleich zum Nazi-Festival in Ostritz bundesweit der Tag des offenen Klosters statt:

„Unter dem Motto Gut. Wir sind da. öffnen am 21. April 2018 viele Klöster ihre Pforten. Wir laden zu einem Fest der Begegnung ein.“

Auch im Ostritzer Kloster St. Marienthal können sich an diesem Tag Gläubige andächtig besinnen, während nebenan der „Kampf der Nibelungen stattfindet oder anschließend Die Lunikoff Verschwörung, Amok, Kategorie C, Sons of Odin, Oidoxie, Bataillon 500, Liebenfelskapelle (Solo) und Sturmwehr es ordentlich krachen lassen.

Halleluja! In der Haut der etwa ein Dutzend Kloster-Nonnen möchte ich gerade nicht stecken….

Reconquista Europa

Rückeroberung ist übrigens tatsächlich wortwörtlich gemeint, wenn Du einmal Google bemühst. Oder Youtube. Da gibt es nette Videos mit deutschen Untertiteln, die Dich mitreißen sollen, mitzumachen. Motto: erst erobern wir die Ukraine zurück und dann ganz Europa.

Unklar ist (mir zumindest) allerdings, von welchen Landes- und Europa-Grenzen hier eigentlich die Rede sein soll? Schließlich scheint es so, dass man sich als Rechtsradikaler vor allem auf vorchristliche Zeiten besinnt. Und die liegen ja schon ein Weilchen zurück…

Trotzdem mischen anscheinend einige deutsche Jungs bereits fleißig mit bei der kämpferischen Rückeroberung der Ukraine. Vielleicht ist ja vor allem der Weg das Ziel?

Kampf gegen prorussische Separatisten: Deutsche heuern bei rechtsextremem ukrainischen Bataillon an – SPIEGEL ONLINE – Panorama

Kampf gegen prorussische Separatisten: Deutsche heuern bei rechtsextremem ukrainischen Bataillon an – SPIEGEL ONLINE – Panorama

Das ukrainische Regiment Asow wirbt mit Flyern auf Neonazi-Veranstaltungen um neue Mitglieder – offenbar erfolgreich: Immer mehr Söldner schließen sich an, um „Europa vor dem Aussterben“ zu bewahren. Source: www.spiegel.de/panorama/justiz/ukraine-deutsche-soeldner-heuern-bei-rechtsextremem-freiwilligenbataillon-an-a-1177400.html

Du glaubst mir nicht? Du glaubst der Lügenpresse nicht? Dann frag doch einfach mal selbst bei Asow und seinen Leuten an, ob Du auch mitkämpfen darfst und ob Du in der Ukraine auf Landsleute treffen würdest. Informiere Dich aus erster Hand. Dann weißt Du es.

Und frag doch bei der Gelegenheit auch direkt mal nach, ob Du eventuell mit dem einen oder anderen Soldaten-Kumpel vielleicht auch beim Schild-und-Schwert-Festival in Ostritz anstoßen könntest. Ich wette, die Antwort lautet ja.

Unklar ist mir auch, wie man im Falle einer „Rückeroberung“  jeweils die Zuordnung zu „völkischen“ Stämmen regeln will. Zumal unsere Ur-Ahninnen und Ur-Ahnen in den letzten 1000 Jahren ja so gut unterwegs waren, dass sich in jedem Erdling Blutstropfen aus diversen verschiedenen „Völkern“ munter mischen dürften.

So mancher dürfte sich jedenfalls wundern, wenn NPD-Genossen ihn dann plötzlich heim nach Schlesien/Polen, ins Frankenland oder wohin auch immer schicken wollen…

Alles nur ein bischen Spaß?

Aber so weit scheinen viele ja leider gar nicht zu denken. Dass ihnen vielleicht mal ein Rechter persönlich an den Kragen wollen könnte. Nicht unbedingt, weil sie nicht arisch sind, sondern weil jemandem vielleicht einfach ihr Gesicht nicht passt, weil er scharf auf ihre Ehefrau ist oder auf den Gartenzwerg nebst Grundstück und Eigenheim, auf die Firma, auf das Ersparte. Alles schon passiert.

Lieber reden sich einige ein, dass hier die Jugend nur ein bißchen Spaß haben will. Oder, dass sich politisch Engagierte nur ein bißchen versammeln und austauschen wollen. Ist doch ihr gutes Recht oder?

Aha: Europa zurückerobern zu wollen ist also nicht verfassungswidrig? Neue Regeln aufstellen zu wollen, wer zu Deutschland gehört und wer nicht, widerspricht nicht dem Grundgesetz? Hitlers Geburtstag zu zelebrieren ist ganz normal? Und sich als Deutscher an Kämpfen im Ausland zu beteiligen ist völlig legitim? Interessant…

Schon komisch. Hinz und Kunz hat mir in letzter Zeit besorgt von der großen Gefahr durch Islamisten erzählt, die Europa erobern wollen und dass wir hier „überfremdet“ werden (obwohl in Sachsen ja kaum ein Ausländer zu sehen ist). Aber von Neonazis aus der Ukraine, Polen oder woher auch immer erobert zu werden, die alte germanische Gottheiten anbeten, das scheint überhaupt kein Problem zu sein…

Oder etwa doch?

In Sachsen regt sich Widerstand

Ha! Von wegen Dunkeldeutschland! Nicht wenige Menschen in Sachsen haben schon lange die Nase voll davon, kollektiv als Nazis verurteilt zu werden, während sie gleichzeitig selbst die Sorge haben, von Rechten drangsaliert zu werden. Und diese „bunten“ Menschen wirbeln nun, um ihrerseits politisch Position zu beziehen und der NPD friedlich, aber energisch Paroli zu bieten.

So planen die Bewohner*innen von Ostritz in Kooperation mit dem IBZ bereits ein Friedensfest zeitgleich zum NPD-Festival:

Zeichen setzen – Hinsehen – Handeln – vom 20. bis 22. April 2018

Zeichen setzen – Hinsehen – Handeln – vom 20. bis 22. April 2018

vom 20. bis 22. April 2018 Source: ostritzer-friedensfest.de/

Ergänzend soll zeitgleich ebenfalls vor Ort eine politische Gegenveranstaltung zum NPD-Festival stattfinden, die derzeit durch einen Zusammenschluss von Gruppen und Einzelpersonen aus der Region Ostsachsen, Sachsen, Berlin und Brandenburg, der Initiative „Rechts rockt nicht!“ vorbereitet wird.

Initiative «Rechts rockt nicht!»

Initiative «Rechts rockt nicht!»

Gemeinsam gegen neonazistische und völkische Festivals – egal wo! Source: www.rechtsrocktnicht.org/

Hier, ebenfalls in Ostritz und direkt gegenüber vom NPD-Festival-Gelände, soll es auf jeden Fall friedlich, offen, vielfältig, bunt und trotzdem lebhaft zugehen.

Ostritz ist doch weit weg…

Wer will, findet natürlich viele Argumente um selbst nichts zu tun. Dem einen sind die geplanten Gegenaktionen zu radikal, der anderen sind sie nicht radikal genug. Und überhaupt hätte man vielleicht alles anders organisiert, hätte man es selbst organisiert…

Wer aktiv wird, trifft leider immer auch auf Leute, die herumkritteln.

Einige denken auch, dass das hier ja nur ein „Ostritz-Problem“ ist, weil sie selbst nicht in Ostritz leben. Haben die Ostritzer halt Pech gehabt. Aber dieses geplante NPD-Festival ist kein Ostritz-, kein Oberlausitz- und auch kein Sachsen-Problem.

Tatsächlich haben wir ein rechtes Europa-Problem, das zufällig in ländlichen Regionen beginnt, um sich dann immer weiter auszubreiten. Und wenn wir jetzt pennen und die Sache nicht ernst nehmen, dürfte es irgendwann für uns alle noch ein richtig böses Erwachen geben. Themar und Ostritz sind nur der Anfang.

Und was kannst Du tun?

Zunächst einmal kannst Du ein Zeichen setzen, indem Du diese Petition unterschreibst, wenn Du es vorziehst, dass Dein Leben vielfältig, bunt und friedlich bleibt: 

viele kleine leute

Viele kleine Leute…. Foto: tRaumpilotin

Außerdem kannst Du alle Deine Freunde darüber informieren, was in Ostritz geplant ist – auf Facebook, Twitter und Co. Teile einfach diesen Beitrag.

Und dann kommt gemeinsam in die Oberlausitz zum Feiern: Ostritz braucht auch Eure Solidarität an diesem Wochenende und so viele Menschen wie möglich, die friedlich und bunt Position beziehen und miteinander feiern – ohne Gewalt und ohne Randale.

In Leipzig und Hessen, werden bereits gemeinsame Busreisen organisiert, weitere Städte und Regionen werden bestimmt folgen. Vielleicht organisierst Du ja auch eine eigene Busreise in Deinem Ort nach Ostritz?

Ganz egal, was Du tust und wie Du Deine Solidarität mit Ostritz zeigst: Du kannst damit helfen, etwas zu bewegen.

Denn es sind nicht die Politiker eines Landes alleine, die die Weichen stellen und unser Zusammenleben prägen, es sind vor allem Menschen wie Du und ich.

Deine tRaumpilotin

PS: Was sagen heute eigentlich politisch Verantwortliche in Thüringen rückblickend zu ihren Nazi-Festivals?

„Die Politik hat weggeschaut – die Zivilgesellschaft auch

Der Thüringer Innenminister Georg Maier, SPD, der bei der Veranstaltung auch im Publikum saß, räumt ein, dass Zivilgesellschaft und Politik zu lange weggeschaut hätten, wenn sich Rechtsextreme in Thüringen versammeln. Maier verspricht mehr Polizeipräsenz bei Nazi-Konzerten, um bei Rechtsverstößen auch eingreifen zu können, und ein neues Versammlungsrecht, dass es schwieriger macht, kommerzielle Veranstaltungen als politische Demonstration zu kaschieren.

„Dann würden wir ganz andere Auflagen erteilen. Lärmschutzrichtlinien, Naturschutzrichtlinien, die alle angewandt werden können! Die würden dann letztendlich dazu führen, dass so eine Veranstaltung nicht genehmigungsfähig ist an diesem Ort. Und es wird immer so ein bißchen versucht, Hase und Igel zu spielen mit uns. Aber ich glaube, wir holen ordentlich auf. Ich laß mir das nicht mehr gefallen, dass quasi unsere Grundrechte genutzt werden, um antidemokratische Veranstaltungen abzuhalten!““

http://www.deutschlandfunkkultur.de/strategien-gegen-nazi-konzerte-in-thueringen-hass-und.1013.de.html?dram:article_id=410154

Titelfoto: Friedensmauer von Bethlehem Bildrechte: Annett Jagiela

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Über tRaumpilotin Luna

2015 habe ich den tRaumpilotin-Blog gegründet, als ich in die Oberlausitz gezogen bin, um dort zu leben und zu arbeiten. Seitdem ist viel passiert, aber ich finde nach wie vor das Glück. Mehr über mich findest Du hier: https://traumpilotin.de/business-traumpilotin/

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