kreuzberg handelt – wirtschaften im quartier


"kreuzberg handelt" Dokumentation

Projektdokumentation

Standortentwicklung und -marketing

Kreuzberg bedeutet für viele Menschen vor allem eines: Touristenströme, kulturelle Vielfalt und ein breites Angebot an Gastronomie und Handel. Dass es auch hier Orte gibt, die kaum bis wenig belebt sind und die sowohl mit prekären wirtschaftlichen als auch sozialen Verhältnissen zu kämpfen haben, ist dagegen nur wenigen bewusst.

Wer allerdings jeden Tag mit dieser Situation konfrontiert wird, das sind die ansässigen Quartiersmanager_innen. Mit drei Quartiermanagements arbeitete ich eng im Rahmen eines BIWAQ-Projektes (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier) zusammen, das vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und den Europäischen Sozialfonds gefördert wurde.

Selbstverständlich habe ich dieses extrem umfangreiche Projekt nicht alleine umgesetzt, sondern hatte dazu ein hochengagiertes und kompetentes Team an meiner Seite.

Quartiersentwicklung als Querschnittsaufgabe

Das BIWAQ-Projekt „kreuzberg handelt – wirtschaften im quartier“ zielte von Ende 2009 bis Ende 2012 auf die Stärkung der lokalen Ökonomie, auf die Steigerung der Attraktivität und der Lebensqualität in ausgewählten Quartiersmanagementgebieten (Mehringplatz, WassertorplatzZentrum Kreuzberg/Oranienstraße) im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Kernziel des Projektes war die Belebung der wirtschaftlichen Infrastruktur und positives Standort-Marketing in den ausgewählten Quartieren. Eine derartig komplexe Aufgabe kann nur gelingen, wenn viele Akteure vor Ort an einem Strang ziehen, ihre Kernkompetenzen einbringen und sich gegenseitig und andere bereitwillig unterstützen wollen.

So wurden auch viele unserer Aktivitäten im Projekt vor allem durch eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit zahlreichen Vereinen, Akteuren und Raumpionieren realisiert, die sich seit langem in Kreuzberg engagieren und mir deshalb gut bekannt waren.

Zielführende Zusammenarbeit statt Platzhirschmentalität

Heute klingt das leichter als es damals war, denn natürlich waren vorab auch viele Beteiligte zunächst besorgt, dass ihre eigenen Interessen, ihre Leistungen und die Finanzierung ihrer eigenen Projekte durch eine Zusammenarbeit zu kurz kommen könnten.

Erst durch Reibung entsteht jedoch Wärme und im Großen und Ganzen ist es uns weitestgehend gelungen, nicht nur gemeinsam Wege zu finden, die für alle Beteiligten vorteilhaft waren. Wir alle haben überdies auch vom Transfer und Wissensaustausch im Rahmen von Transferateliers, Fachveranstaltungen und öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten mit Multiplikatoren und Vertreter_innen aus Wirtschaft, Politik und öffentlicher Verwaltung profitiert.

Vor allem haben, glaube ich, alle Projektbeteiligten in dieser Zeit auch viele anregende, lustige und spannende Momente miteinander erlebt.

Eine Vielfalt von Maßnahmen für eine Vielfalt von Beteiligten

Durch ein koordiniertes Bündel von Maßnahmen wurden vorwiegend kleine und ethnische Gewerbetreibende, die den Großteil der wohnortnahen Versorgung sichern, potenzielle Existenzgründer_innen und Akteure, die maßgeblich wichtig für die Quartiersentwicklung waren, durch ein Bündel von Maßnahmen unterstützt.

Kontaktarbeit

Erst durch den fortlaufenden Kontakt zu den Gewerbetreibenden, das heißt durch regelmäßige Besuche einer unserer Mitarbeiter_innen, avancierte diese zu deren Vertrauensperson. So konnten die Gewerbetreibenden für Beratung, Qualifizierung, Vernetzung und gemeinsame Aktivitäten aufgeschlossen werden. Unsere Mitarbeiter_innen für Kontaktarbeit meldeten Fragen und Bedarfe umgehend an das Projektbüro zurück, wo die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet wurden.

Darüber hinaus ermutigten sie die Gewerbetreibenden durch ihr Interesse und Verständnis und gaben ihnen damit sozialpädagogische Unterstützung. Ermöglicht wurde das Vertrauen vor allem dadurch, dass bekannt war, dass das Projekt unabhängig von institutionellen Strukturen agiert.

Interdisziplinäre Vor-Ort-Beratung und Vernetzung

Gemäß der Situation von kleinen Unternehmen, die an ihre Geschäftszeiten gebunden sind, fand die gewünschte Unternehmensberatung in der Regel vor Ort in deren Gewerberäumen statt.

Der Pool von Unternehmensberater_innen, der im Rahmen des Projektes zur Verfügung stand, arbeitete dabei interdisziplinär zusammen. Das heißt, je nach der Intensität und Spezifik bestimmter Fragestellungen und je nach Muttersprache konnten die Gewerbetreibenden auf unterschiedliche Expertinnen und Experten zugreifen.

Themen waren dabei unter anderem Kompetenzentwicklung und Anpassung des Unternehmensprofils, Infos zu Fördermöglichkeiten und Ausbildungsanforderungen, Ermittlung von Qualifizierungsbedarfen von Mitarbeiter_innen sowie die Entwicklung von Vermarktungsstrategien.

Gewerberundgang & PodiumsdiskussionEin besonderer Schwerpunkt des Projektes war es, Menschen, die in der Regel nichts miteinander zu tun haben, wie Kreative, Gewerbetreibende, Vereine und Initiativen gewinnbringend miteinander zu vernetzen, um zum Beispiel Marketing-Events gemeinsam umzusetzen.

Darüber hinaus wurden Gewerbetreibende für die Sinnhaftigkeit sensibilisiert und dabei begleitet, sich untereinander zu vernetzen, Interessengemeinschaften zu gründen und sich in die Quartiers- und Gremienarbeit vor Ort einzubringen.

Mit der Mobilisierung für den eigenen Kiez sollte nicht nur die Identifikation der Anrainer_innen mit dem Quartier befördert werden, sondern darüber hinaus auch die Qualität und Akzeptanz des Standortes berlinweit aufgewertet werden.

Gründungsbegleitung

Geschäftsideenwettbewerb Touris in Kreuzberg

Geschäftsideenwettbewerb Touris in Kreuzberg mit der Gründerin und Preisträgerin von Eat the World

Die Angebote im Projekt für Gründungsinteressierte orientierten sich an der großen Heterogenität der Zielgruppen.

Der Qualifizierungs-Bogen spannte sich dabei von Workshops zur Geschäftsideenentwicklung (auch speziell für türkische und arabische Frauen) über klassische Gründungsseminare, prozessbegleiteter Einzelberatung bis zu Fachworkshops zu Zeitmanagement und Online-Marketing, Mentorenvermittlung sowie Unterstützung bei der Findung von Geschäftspartner_innen.

Durch Kampagnen wie Ideenaufrufe und -wettbewerbe, Präsentationen von Ideen, Menschen und Unternehmen, Mitgestaltung von Kiezaktivitäten, Entwicklungsworkshops zur Generierung neuer Geschäftsfelder und -ideen unter Beteiligung von Bewohner_innen und Unternehmen wurden die wirtschaftlichen Potenziale der Quartiere auch überregional sichtbar.

Rollenverschränkung

Menschen, die im Rahmen des Projektes beraten und qualifiziert wurden, wurden im Rahmen von Veranstaltungen oder sonstigen Aktivitäten des Projektes als Fach-Expert_innen eingebunden und konnten sich und ihr Angebot somit der Öffentlichkeit präsentieren.

Gleichzeitig boten wir auch beteiligten Kreuzberger Akteuren, von deren Fachkompetenz Kreuzberg nachhaltig profitiert, Unterstützung durch Marketing, Fachberatung und konkrete (aus Projektmitteln finanzierte) Aufträge an.

Von thematischen Veranstaltungen bei ethnischen Unternehmen profitierten Unternehmer_innen und potenzielle Neugründer_innen gleichermaßen. Die einen erfuhren von beruflichen Lebenswegen und Fallstricken und die anderen wurden öffentlichkeitswirksam präsentiert und konnten dadurch potenzielle Partner_innen oder Mitarbeiter_innen gewinnen.

Übergreifendes Standort-Marketing für alle drei Quartiere

Nach dem Motto „Ausgleich schaffen und vorhandene Potentiale gewinnbringend nutzen“, wurden die drei sehr heterogenen Quartiere mitsamt ihren Zwischenräumen zum „Goldenen Dreieck“ als gemeinsamer Marke und Aktionsgebiet für eine zielführende Quartiers-Entwicklung und positives
Standort-Marketing entwickelt und etabliert. Starke Partner waren dabei vor allem Modulor, das Kreativquartier Südliche Friedrichstadt, Urban Catalyst Studio und vor allem zahlreiche Kreative vor Ort.

Alle Informationsveranstaltungen und Fachgespräche wurden den Bedürfnissen der Anrainer_innen entsprechend mit Fachleuten, Entscheidungsträger/innen und Partner/innen umgesetzt – ob es nun um allgemeine Informationen für Gewerbetreibende wie die Ausgestaltung von Gewerbemietverträgen ging, die kritische Auseinandersetzung mit Tourismus in Kreuzberg oder Probleme mit dem MyFest oder der Peace Wall.

Was ist geblieben?

Über 730 Menschen, die in Kreuzberg unternehmerisch tätig waren oder werden wollten, wurden von 2009 bis 2012 durch das Projekt auf die unterschiedlichste Weise unterstützt. Allein 223 Veranstaltungen wie Workshops, Seminare, Vernetzungstreffen, Informationsveranstaltungen und Fachgespräche wurden in diesem Zeitraum durch das Projektbüro mit Unterstützung von Partnern durchgeführt.

Im Quartier Mehringplatz führte die Vernetzungsarbeit zur Umsetzung erster gemeinsamer Marketingideen, Gründung eines Unternehmervereins und der aktiven Teilhabe von Gewerbetreibenden an der Gremienarbeit in ihrem und für ihr Quartier.

Mehrere Projektkonzepte (unter anderem für das X-Berg-Festival und für ein Unternehmer_innen-Netzwerk im Bereich barrierefreies Bauen) wurden mit Teilnehmenden und Partner_innen entwickelt, die auf der Arbeit des Projektes aufbauen.

Neben zahlreichen studentischen Hausarbeiten wurden außerdem eine Diplom- und eine Magisterarbeit durch das Projekt begleitet, deren Ergebnisse eine
solide Grundlage für zukünftige Planungen und Aktivitäten in den Quartieren bieten.

Die Facebook-Gruppe, die ich für Kreuzberger Akteure und Kreative damals im Rahmen des Projektes eingerichtet habe, existiert nach wie vor und wird von Vielen zum Austausch rege genutzt.

Das Projekt aus dem Blickwinkel von anderen

Sowohl von der u.bus GmbH, die das Projekt extern begleitet und ausgewertet hat, als auch vom WILCO-Projekt der Universität Gießen wurde das Projekt „kreuzberg handelt – wirtschaften im quartier“ 2012 als besonders innovativ beurteilt.

Einer Vielzahl von Akteuren sind „Kreuzberg handelt“ und das „Goldene Dreieck“ auch heute noch nicht nur ein Begriff, sondern sie nutzen es auch jetzt noch für ihre eigenen Aktivitäten. Projektpartner_innen, Gründer_innen, Unternehmer_innen und andere (Auszug), die das Projekt erwähnen:

Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein

SPD Friedrichshain-Kreuzberg

SPD Friedrichshain-Kreuzberg II

Fipp e.V.

Rechtsanwälte Janning, Raabe, Rickes

Urbanitas

Atelier MH Keramik

Eat the World

Rechtsanwaltsgesellschaft BEITEN BURKHARDT

Green Franchise Market

Aube Tourismusberatung

RC Kugelschreiber

Kreuzberg Insight

Büchertisch

Uta da Silva Alves

Beobachtungsstelle Gesellschaftspolitik

De Gruyter

Kiez und Kneipe

Browse Fotofestival

CLOF e.V.

Wer sich noch mehr in dieses Projekt vertiefen möchte oder sich dafür interessiert, wer alles daran beteiligt war, kann sich hier die Dokumentation dazu herunterladen.


Über tRaumpilotin Luna

2015 habe ich den tRaumpilotin-Blog gegründet, als ich in die Oberlausitz gezogen bin, um dort zu leben und zu arbeiten. Seitdem ist viel passiert, aber ich finde nach wie vor das Glück. Mehr über mich findest Du hier: https://traumpilotin.de/business-traumpilotin/

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