Wieso mache ich das überhaupt?


leseeckeWieso bleibe ich nicht einfach in meiner netten kleinen Wohnung in Friedrichshain-Kreuzberg, umgeben von Freunden, Cafés und reichhaltigen (sub-)kulturellen Angeboten, da wo der Bär steppt?

Nun, ich persönlich brauche beides – die unendlichen Möglichkeiten der Großstadt für den Verstand und die Anregungen für Herz und Seele, die man nur auf dem Land finden kann. Ruhe und die Möglichkeit zur Besinnung sind ein sehr wertvolles Gut, liebe Oberlausitzer, das man vor allem dann zu schätzen weiß, wenn man mitten in der Großstadt lebt und genau das nicht hat. Und die Entschleunigung, die man nur auf dem Land erleben kann, die Konzentration auf das Wesentliche, hilft manchem erst wieder richtig durchzustarten.

Und vor allem, wenn man wie ich, in ein Alter kommt, das dazu verleitet, die Weichen vielleicht noch einmal völlig neu zu stellen und Wertigkeiten neu zu verteilen, kann es ein Schatz sein, dabei nicht abgelenkt zu werden und neue Möglichkeiten zu entdecken.

Doch zusätzlich zu den ganzen Dramen dieser Welt, die mehr und mehr  erdrückend auf all den Schultern derer lasten, die, so wie ich, täglich die Nachrichten verfolgen (müssen), zusätzlich zu Umweltkatastrophen, Kriegen, Greueltaten, Kriminalität und sozialer Ungerechtigkeit, denen wir scheinbar völlig hilflos ausgesetzt sind, wird mir gerade noch diese meine kleine heile Welt genommen, mein Rückzugsort in der #Oberlausitz, an dem ich bisher zur Ruhe kommen konnte.

Bin ich nun verrückt oder lebensmüde, wie viele meiner Berliner Freunde denken, wenn ich in das Häuschen meiner Oma in die Oberlausitz will, um die Stille dort zu genießen ? Bin ich völlig naiv oder blind, weil ich die Leute in meinem Dorf ganz „normal“ finde und sogar gerne mag? Habe ich persönlich zwar in meinem Dorf „Bestandsschutz“, muss mich aber fürchten, in die umliegenden Städte zu fahren?

Ist Sachsen jetzt wirklich eine absolute #No-Go-Area, wie Kanada warnt?

Mir geht es nicht alleine um mein eigenes Sicherheits- oder Heimatgefühl. Viele Freunde aus #Berlin würden mich sehr gerne besuchen kommen, die aber auf den ersten Blick nicht unbedingt arisch oder zumindest konservativ aussehen. Das Interesse ist groß, auch bei jungen Leuten, in einer malerischen Umgebung einmal in Ruhe kreativ sein zu können und Kontakte zu anderen Kreativen oder Unternehmern im Drei-Länder-Eck zu knüpfen, sich auszutauschen, vielleicht sogar Geschäftsbeziehungen anzubahnen. Und ich denke, auch die Menschen im #Dreiländereck würden von Besuchern und Austausch durchaus profitieren können.

Vielleicht käme ja sogar der eine oder andere auf die Idee, sich – zumindest zeitweise – hier in der Oberlausitz niederzulassen, anstatt weiterhin in Berlin um jedes Stückchen Wohn- oder Arbeitsfläche kämpfen zu müssen. Schon einige Überzeugungs-Kreuzberger haben das bereits in #Coolmühle getan.

Doch die meisten von denen, die ich kenne, haben derzeit eine wahnsinnige Angst, weil in ihrer Vorstellung Sachsen ausschließlich aus gewaltbereiten Nazis besteht. Oder, um es auf den Punkt zu bringen, wie einer von ihnen zu mir sagte: „Wenn Du willst, dass wir kommen, müssen wir uns sicher fühlen können.“ Und kann ich es ihnen verdenken? Tatsächlich wird von den Medien derzeit ein derartig grausiges Bild verbreitet, dass sogar ich, die ich mich seit meiner Kindheit regelmäßig hier aufhalte, schon ganz ängstlich geworden bin.

Und gleichzeitig frage ich mich, ob durch diese negative Medienpräsenz nicht auch das erreicht wird, das vielleicht nicht erreicht werden sollte: dass jeder Rechte das Gefühl bekommt, Sachsenland ist eigentlich Naziland und er kann hier tun und lassen, was er will. Deshalb habe ich mich entschieden, genau davon nicht zu berichten, obwohl es mir schon etwas schwer fällt. Nachdem ich erst Ärger verspürt habe und dann auch Angst, habe ich für mich beschlossen, genau dafür, für Hass und Brutalität keine Bühne zu bieten, sondern neben dieser Bühne, die es ja schon gibt, eine zweite als Gegengewicht zu errichten und mir damit meine Oberlausitz vielleicht ein Stückchen zurückzuerobern.

#No-Go-Area Friedrichshain-Kreuzberg

Als Friedrichshain-Kreuzberger weiß man: im Grunde sind die wahrgenommene Realität des Einzelnen und die Berichterstattung  nicht wirklich deckungsgleich. Der #Kotti in Kreuzberg und die #Revaler Straße in Friedrichshain werden international als lebensgefährliche Orte für Erlebnistouristen gehandelt, so dass es schon bei einigen Touristen schick geworden ist, den Nervenkitzel zu suchen, indem sie sich genau dort mit Schlafsack zur Ruhe betten. In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es anscheinend ständig Straßenschlachten, Überfälle, brennende Autos und an jeder Ecke stehen Dealer. Trotzdem kenne ich keine Friedrichshain-Kreuzberger, die in Angst leben. Ich selbst lebe seit Anfang ´89 hier, wurde (klopf, klopf, klopf) nie überfallen und habe nie live ein brennendes Auto gesehen.

mein Herbstblick

mein Herbstblick

Ich möchte nichts beschönigen oder verharmlosen, sondern für mich und die, die mir folgen, nun die Wahrheit abseits der Medien in der Oberlausitz entdecken. Und ich möchte der gängigen Berichterstattung – ergänzend – etwas entgegensetzen: nämlich meine eigene. Ich möchte berichten von meinem Alltag in einem Dorf in der Oberlausitz, von dem, was da ist und dem was fehlt.

Und vor allem auch von den Menschen, die man derzeit nicht in den Medien erlebt, den anderen Oberlausitzern, den weltoffenen, hilfsbereiten, herzlichen, charmanten und anständigen. Vielleicht ist das, was ich schreibe, ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Blättchen, das vom Wind verweht wird, völlig wirkungslos und unwichtig. Andererseits: ein Blättchen kommt selten alleine und alles ist besser als nichts zu tun.

Kaum hatte ich jedenfalls diesen Blog, meine Facebook- und Twitter-Seite eingerichtet, erhielt ich ganz reizende Willkommensgrüße aus der Oberlausitz. Und dazu erhielt ich von völlig unbekannten Menschen dort herzliche Einladungen, sie zu besuchen, auch um ihr Internet zu nutzen, wenn hier garnichts mehr geht. 1000 Küsse an Euch alle!!! Das macht mir nicht nur Mut, sondern freut mich ganz ungemein und ich bin schon sehr neugierig darauf, alle kennenzulernen! Und außerdem zeigt es mir, dass ich gar nicht so schief liegen kann….


Über tRaumpilotin Luna

2015 habe ich den tRaumpilotin-Blog gegründet, als ich in die Oberlausitz gezogen bin, um dort zu leben und zu arbeiten. Seitdem ist viel passiert, aber ich finde nach wie vor das Glück. Mehr über mich findest Du hier: https://traumpilotin.de/business-traumpilotin/

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